Diözesan­bischof Dr. Alois Schwarz

29.07.2019

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"Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir": Predigt zur Priesterweihe an Peter und Paul


Predigt

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Liebe Mitbrüder im Bischöflichen Dienst!
Liebe Priester und Diakone!
Liebe Äbte!
Liebe Schwester und Brüder, die Sie in den Kirchenbänken sind, die bitte ich heute um Nachsicht, dass ich heute hier im Altarraum predige – etwas weiter von Ihnen weg – nur so habe ich die Weihekandidaten im Augenwinkel und ich brauche diesen Blickkontakt, lieber Christoph, lieber Alexander.

 

Wir sind dankbar, dass ihr heute, hier in der Domkirche, das „hier bin ich“ gesprochen habt – heute am Fest der Apostel Petrus und Paulus. Heute, an einem Tag, an dem viele mitfeiern über Radio Maria. Ich grüße alle, die mitbeten, mitsingen und mitfeiern an diesem Nachmittag. An einem Tag, an dem so viele den Priesterweihetag feiern – ihr eigenes Priesterjubiläum.

 

Es ist ein Tag, an dem wir von zwei Aposteln hören – von Petrus, dem begeisterten Fischer, der alles liegen lässt, der zum Wortführer wurde, der die Fußwaschung verweigerte.

Wir hören von Paulus, der Verfolger der Christen, der vom Pferd stürzt und einen neuen Lebensweg beginnt.

 

Jetzt weiß Petrus, dass der Herr seinen Engel gesandt hat und ihn der Hand des Herodes entrissen hat.

Paulus weiß, dass der Herr ihm zur Seite stand. Und ihm Kraft gab. Er wurde dem Rachen des Löwen entrissen.

 

Zwei Apostel, die kein mittelmäßiges Leben führten, zwei Apostel, denen eine grenzenlose Geduld zu immer neuen Anfängen geschenkt wurde.

 

Wer bin ich für euch, wollte Jesus wissen. Dabei wartete er nicht auf Definitionen, sondern Ergriffene. Es geht nicht um Antworten, die wir lernen, sondern um eine Suche des Herzens nach einer tragenden Beziehung. Keine Antworten aus dem Lehrbuch. Keine Indoktrination.

 

„Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“. Sohn hat in der Bibel immer damit zu tun, dass einer tut, was der Vater tut und der dem Vater in allem gleicht. Es geht um das Leben. Es geht darum Leben ins Leben bringen.

 

Sie konnten sich dann mit Jesus verabreden: Treffpunkt am Karfreitag beim Kreuz. Am Tag davor mit dem Handtuch beim Füße waschen. Und Treffpunkt beim Teilen des Brotes. Gebrochenes Brot. Er opfert sich selber, nicht die anderen. Und dann zu Ostern. Da nimmt er uns mit in sein Auferstehen.

 

Wer diesen Jesus gefunden hat, kann andere auf ihrem Weg begleiten.

 

Zwei Neupriester, die Jesus gefunden haben. Und die Menschen suchen in euch nicht die Institution, sondern Männer, die ihnen von ihrer Jesusfreundschaft erzählen können. Die ihn darstellen und nicht herstellen.

 

Es gibt ja zwei Arten des Arbeitens: Man kann etwas herstellen, wenn man arbeitet, und man kann etwas darstellen.

 

Priester sein ist darstellendes Tun. Da geht es zunächst nicht um Leistung, Erfolg, Machbarkeit und Tempo. Da geht es um das Dasein. Da sein und Hüter der Quelle sein, Hüter der Quelle der Gnade sein und zu schauen: „Wer kommt da her, an diesen Ort der Gnade und lässt sich hier vom Wasser der Gnade neu hineinnehmen, in die Perspektive der Hoffnung und letztlich dann in die Herrlichkeit?“

 

Das Sich-hier-Berühren-lassen von der Freundschaft mit Jesus, das verändert die Herzen der Menschen.

 

Es ist also die eine Bewegung, vom Vater herkommend auf die Menschen zu und von den Menschen herkommend, auf den Vater zu. Das ist das Lebensprogramm des Jesus von Nazareth.

 

Jetzt werdet ihr geweiht „in persona Christi capitis“, Christus als Haupt zu repräsentieren.

 

Der Geweihte repräsentiert diese Sendung, diesen Christus, von Gott herkommend und auf die Menschen zugehend. Und von den Menschen, die Menschen repräsentierend, auf Gott zugehend.

 

Als Priester ist man hineingenommen in die dreifaltige Liebe unseres Gottes und wird so ein Gnadenmittel für die anderen.

 

Das erschreckt, wenn man das so für sich durchdenkt: Selber ist man ja angewiesen, als Priester, als Bischof, auf die Zusage der Gnade der Vergebung. Man ist angewiesen auf dieses Wort, dieses geflüsterte Wort der Verzeihung.

 

Andererseits hat man als Priester dieses geflüsterte Wort der Verzeihung zuzusprechen. Also man ist beides: Man ist Angewiesener auf die Gnade in der Gemeinschaft der Glaubenden, Mittäter zu sein, Suchender zu sein, Fragender zu sein.

 

Mit seiner fragmentarischen Liebe und Liebenswürdigkeit, Unbeholfenheit und Schwachheit und andererseits wieder den Menschen gegenüberstehend, Mittel der Gnade zu sein.

 

In unserer Gesellschaft, die so auf Machbarkeit aus ist, ist das schon etwas ganz Exotisches. Heute, hier, diese Wirklichkeit, mit Euch, mit ihnen allen – das ist etwas, was zunächst mit Schlagzeilen nicht vermittelbar ist. Bei aller Zeremonie, bei aller Unterstützung, ist der Moment für Euch, die beiden Priester heute, ein persönlicher, stiller, in der Schwachheit starker und sehr lebendiger. Um es zu sagen wie Paulus: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal 2,20)

 

Das gilt es sich ständig abzuringen, sich daran abarbeiten, im Wieder- und Wiederaufstehen, ganz persönlich. Im Horchen auf das Wort Gottes. In der Stille, im Dasein, aber auch im Gespräch mit den Menschen.

 

„Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“

 

Und je mehr wir das für uns selber buchstabieren lernen, leben lernen, je mehr uns Menschen helfen,– uns, jetzt spreche ich alle an, die wir hier im Altarraum ein geistliches Amt haben (die Diakone, die Priester, ich als Bischof) – je mehr Sie uns helfen, dass wir in diesem uns selbst Zurücknehmen Diener sein können, umso mehr entfaltet sich das Leben der Wirklichkeit Gottes mit Ihnen.

 

Manchmal von Ihnen herkommend, von der Gemeinde herkommend, von der Familie herkommend, von den Menschen herkommend auf Gott schauen. Manchmal von der anderen Seite schauen. In diesem Wechselspiel, in dem die dreifaltige Liebe lebt, ist das priesterliche Amt heute lebbar. Darstellend, nicht herstellend, das ist das prophetische an eurem Dienst.

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