Festgottesdienst in Maria Taferl bei der Seniorenpastoral-Wallfahrt
Predigt
Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz, St. Pölten
Festgottesdienst Maria Taferl, Wallfahrt Seniorenpastoral
Montag, 1. Okt. 2018
1. Lesung: Jes 66, 10-14c Evangelium: Mt 18, 1-5
Liebe Schwestern und liebe Brüder,
liebe Patres, Priester, lieber Diakon,
liebe zu diesem Wallfahrtsgottesdienst versammelte Gemeinschaft!
Das jetzt eine dramatische Geschichte, die wir da gehört haben von dem Moses. Der Bursche hat sich als Junger mit eigenen Kräften in Ägypten durchbringen müssen, weil er übermütig einen Ägypter erschlagen hatte. Natürlich musste er dann weg, es war ja eine ganz schwierige Situation. Jetzt geht er in die Steppe hinaus und beobachtet dort Frauen beim Wassertragen. Er mischt sich dort hinein unter diese Mädchen und heiratet dann in Midian. Dort arbeitet er in der Steppe draußen.
Und da kommt es zu der Situation, die wir heute gehört haben. In der Steppe draußen entdeckt er, dass plötzlich der Dornbusch brennt. Der Mose geht hin. Wir haben es gehört, dass der Dornbusch brennt, und dennoch nicht verbrennt. Plötzlich macht er da eine Erfahrung, die ihn nicht mehr auslässt. Er muss seine Schuhe ausziehen, jetzt stellt man sich einmal vor, wenn der Dornbusch brennt da ist ja der Boden heiß, um dennoch sagt eine Stimme zu ihm, dass er seine Schuhe ausziehen soll.
Barfuß kann er nicht mehr weglaufen. Gott schafft eine Situation, wo der Mose nicht mehr weglaufen kann. Er muss auf dem heißen Boden stehen bleiben. Er rührt sich nicht und der Dornbusch brennt und verbrennt nicht. Da hört er die Stimme, dass sein Gott für ihn da ist. Gott sagt ihm: Ich bin da. Ich kenne dein Leid, Mose. Du hast versucht Ordnung zu schaffen, aus der Sklaverei heraus zu kommen. Das ist eine dramatische Erfahrung für den Mann, der nicht mehr weglaufen kann. Gott gibt sich dem Mose zu erkennen, wenn er sagt: „Ich bin da und werde für dich da sein!“
Wir lesen diese Geschichte Schwestern und Brüder, nicht damit wir wissen, was sich damals am Sinai zugetragen hat, sondern damit wir erinnert werden, dass heute wir es sind, die am Dornbursch ihre Erfahrungen mit Gott machen dürfen: Der Tabernakel, hier ist der Dornbusch, das Feuer ist ein bisserl schwach da vorne, mit dem roten Lichterl. Aber es erinnert an das Feuer vom Dornbusch. Das ist heute der Dornbusch, das ist heiliger Boden, wo wir sind. Wir sind mit unserer Lebensgeschichte auf heiligem Boden und es brennt das Feuer der Gegenwart Gottes, da an diesem Ort. Ich verstehe, warum Sie so gerne nach Maria Taferl herkommen. Ich verstehe auch, warum Gott so gern da ist, hier in Maria Taferl, weil hier heiliger Boden ist. Da hören wir seine Stimme, mit der ER uns sagen möchte: Ich bin da! Und wer will jetzt nicht da sein? Das Schönste, das uns jemand sagen kann lautet: Ich bin da.
Am Feuer der Liebe Gottes sind wir heute da, jede und jeder mit der eigenen Lebensgeschichte. Ich habe es so verstanden, das Motto: „Komm zum Feuer“, komm da her, in das Heiligtum. Komm zum Feuer, denn da seid ihr daheim. In Ihrer Jugendzeit da hatten wir zuhause noch keine Zentralheizung, sondern da gab es den Küchenherd. Es war immer ganz wichtig, dass jemand beim Küchenherd das Feuer hütet. Dass die Oma da ist, wenn man heimkommt von der Schule, weil die Mama mit dem Papa irgendwo am Feld arbeiten war. Es ist wichtig, dass jemand am Küchenherd da ist und dort das Feuer hütet, damit es warm ist in der Stube. „Komm zum Feuer“ heißt: Komm in die Behaglichkeit deines Zuhause-Seins, auch wenn wir jetzt die Zentralheizung daheim haben und nicht mehr das Feuer hüten müssen, braucht es jemanden, der das Feuer hütet in der Küche, wo gekocht wird. Wie oft bekommen Sie von Ihren Kindern, die Enkelkinder übertragen. Oma, kannst nicht aufpassen, Opa kannst du mir schauen? Wie oft geht’s ums Dasein, das ist genau das, worum es in der Dornbusch- Geschichte auch geht. Durch das Dasein vermitteln Sie dann Ihren Kindern: Mach dir keine Sorgen, ich bin da. Und damit erfahren Sie etwas von Gott. Unser Gott ist einer der sagt, Mensch ich bin da für dich. Da brauchen wir gar noch nichts reden, sondern einfach füreinander da sein und dann erfährt der andere eine Behaglichkeit, die seinem Leben das Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Ihr Dasein ist das Feuer, das wärmende Feuer in Ihren Häusern. Wenn die Kinder nach Hause kommen, oder die Kinder vielleicht sogar mit Ihnen leben. Aber meistens haben sie ja alles getrennt heute, ist ja auch zum Wohl beider, solange es geht. Es ist gut, wenn die Kinder wissen, sie können heimkommen, sie können da sein bei Ihnen. Damit vermitteln Sie Ihnen im Dasein die liebende Geborgenheit. Die Kinder können sehen und schauen, wie Sie etwas machen. Wenn die Kinder dann kommen, dann reden Sie mit Ihnen. Reden Sie mit Ihren Kindern. Das Reden ist ja heute viel komplizierter geworden wie früher. Heute muss alles erklärt und begründet werden und dann fragen sie noch einmal nach.
Früher ist man in die Kirche gegangen und hat zu Weihnachten, den Heiligen Abend zusammen gefeiert, manche haben zwar wiederwillig mitgemacht, aber sie haben mitgemacht. Ich sage Ihnen, das, was Sie den Kindern da mitgegeben haben, das machen sie alle, wenn sie allein sind. Das, wie Sie Ihr Zuhause am Feuer der Gegenwart Gottes gestalten, das übernehmen die Kinder. Sie werden es Ihnen vielleicht nie sagen, dass sie es auch so machen zu Weihnachten, wie sie es bei der Mama und beim Papa gesehen haben. Aber sie machen das so, weil es Ihnen gutgetan hat. Vielleicht bekommen Sie von einem Enkelkind ein WhatsApp, weil es irgendwo in einer Kirche ist, das Dirndl. Da hat es dann eine Kerze angezündet und der Oma noch schnell ein Foto geschickt.
Vielleicht sind Sie erstaunt darüber und denken, das hätte ich mir nie gedacht, dass die das macht. Also, was Sie an Selbstverständlichkeiten an religiösen Praktiken zuhause machen, das übernehmen die Kinder, das nehmen sie mit und dazu möchte ich Sie heute einladen. Wertschätzen Sie Ihr Dasein in der Belastung, in der Mühe des Alltags, schauen Sie auf Ihre Gesundheit, auf unser Land. Wir brauchen einander, wir brauchen eine alte Generation, die gesund ist, die in eine neue persönliche vierte Lebensphase hineingeht. Man hat festgestellt, dass Leute, die ehrenamtlich viel für andere tun, älter werden. Es ist ein Zugewinn an Lebensalter, wenn man für andere da ist. Sie gehören zu denen, die sich für andere einsetzen und da sind.
Also wir haben eine lange Lebensphase, in der wir das Dasein für andere leben dürfen, in der wir unseren Gott füreinander auslegen dürfen, und über das reden, was uns im Glauben gutgetan hat. In dieser Lebensphase, davon bin ich überzeugt, haben Sie mehr Zeit mit dem Herrgott über die Kinder zu reden als mit den Kindern selber. Solange die Kinder klein sind, kann man mit ihnen reden, aber dann kommt das Alter, wo man manchmal mit dem Herrgott am Abend redet, wo die Kinder sind. Eltern von erwachsenen Kindern sind in einem Alter, in dem sie mehr mit dem Herrgott reden, als mit den eigenen Kindern. Ich rate Ihnen: Tun Sie das! Es wird Ihnen guttun.
Es ist ja immer so, wenn wir zu einer Wallfahrt kommen, zur Gottesmutter, dann erinnert uns die Gottesmutter an wen wir denken sollen. Das ist immer so bei der Mama – solange meine Mama lebte, hat sie immer gewusst, wo wir Kinder sind. Wir sind fünf Kinder zuhause, ich musste nur die Mama anrufen und die hat gewusst, was meine Schwester macht, was meine Brüder machen, oder sie hat angerufen und gesagt – du, du musst deinen Bruder wieder anrufen, oder deine Schwester wartet auf deinen Besuch. Die Mama hat uns eingeteilt, sie wusste voneinander. Seit meine Mama gestorben ist, ist das schwieriger, es geht zwar mit der Whats-App-Gruppe, aber das muss man organisieren, das Füreinander-Dasein. Aber solange Sie da sind, das ist Ihre Aufgabe, zu schauen, dass die Kinder untereinander sich verstehen, dass sie voneinander wissen.
Und wenn wir zur Gottesmutter herkommen, nach Maria Taferl, dann sagt sie uns: Schau, denk an die … und der fällt uns noch ein. Und ich bin überzeugt, bis wir das Schlusslied singen, ist Ihnen immer wieder wer anderer eingefallen, für den Sie auch noch nicht gebetet haben. Also die Gottesmutter schafft eine Form von Gemeinschaft und das ist so schön. Was wir heute tun, spannt ein Netzwerk des Gebetes und des Segens in unser Land hinein, unheimlich schön. Dass ist so etwas Großartiges, was da jetzt – gesagt in der Sprache der Kirche – an Gnade vermittelt wird, weil wir hier miteinander beten und die Menschen hereinnehmen.
Ich lade Sie ein, nehmen Sie diese Gedanken an die Menschen hier herein und legen Sie sie auf den Altar von Maria Taferl. Gehen Sie Ihren Weg weiter, da zu sein für die Anderen.
Vielleicht können Sie dabei ein Wort aus Ihrem Wortschatz streichen, das Wort „schnell“, ich muss noch schnell die Kinder dort hinbringen, dann muss ich schnell den anderen abholen, und muss schnell … streichen Sie das Wort schnell! Sie können es auch langsam machen, wichtig ist das da sein, am Feuer da sein.
Am Feuer sein heißt, da sein für die Anderen, hier im Heiligtum, wo der Dornbusch ist, wo sich das Licht von Ostern, das Osterlicht, verfangen hat in dem Gold der Heiligenfiguren. Sie können auch sagen der Altar ist aus lauter Gold. Ich aber sage, es ist festgewordenes Osterlicht. Wir stehen im Osterlicht, wenn wir da sind. Wir sind hereingenommen in diesen Feuerschein der Gegenwart Gottes, um uns zu stärken. Das ist das Schöne an diesem heutigen Vormittag, das uns da gegeben ist. Da fließt uns Lebensenergie zu, und bei Ihnen für die wir da sind. Ich bin sehr dankbar, dass Sie alle zum Feuer in dieses Heiligtum der Gottesmutter gekommen sind, dass Sie Ihre Lebensgeschichte mitgebracht haben, die Sie mit den Menschen, die Ihnen am Herzen liegen teilen. Sie sind gekommen mit Ihren Sorgen und Freuden. Wir spannen ein Netzwerk und tragen einander hinein in die Liebenswürdigkeit Gottes. Im Dasein füreinander zeigen wir, wer unser Gott ist. Gott sagt: Ich bin da. Und wir sagen ihm: Herrgott, ich hab dich verstanden, ich bin auch da, für dich und die Menschen, die du mir anvertraut hast.
Amen.
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