Diözesan­bischof Dr. Alois Schwarz

24.12.2021

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Weihnachtsbotschaft: Das Leben wird immer stärker sein


Aktuelles

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Mitten hinein in die Zeit der Pandemie feiert die Kirche das Fest der Geburt Jesus, also Weihnachten. Inmitten von Tod, Leid, Erschöpfung, Angst, inmitten von Wut, Hass, Spaltung und Aggressivität feiern die Christinnen und Christen den Glauben an das Leben. Wir glauben daran, dass nie der Tod, sondern immer das Leben stärker sein wird.

 

Die Geschichte von Weihnachten ist uns Menschen – auch, wenn wir uns nicht unbedingt zu einer religiösen Kirche oder Glaubensgemeinschaft bekennen – vertraut: Maria und Josef, so erzählt die Bibel, finden als Familie zur Geburt ihres Kindes im Stall Rückzug und Geborgenheit. Hirten wurden bei ihren Herden auf den Feldern in Bethlehem durch Stimmen des Himmels aufmerksam. Sie fanden die Mutter und das Kind, den Mann an ihrer Seite und erzählten, was ihnen gesagt worden war. Der Retter ist ein Kind. Kein irdischer Machthaber. Kein Herrscher. Die Zukunft der Menschen liegt in den Händen eines kleinen Kindes im Stroh einer Krippe. Machtlos. Wehrlos. Geliebt und nach Liebe die Hände ausstreckend.

 

Das ist die Botschaft von Weihnachten. Gott möchte mit dem Menschen Beziehung aufnehmen. Er möchte uns Menschen begegnen und zeigt sich dabei in seiner Verletzlichkeit und seinem Ausgeliefert-Sein. Wir haben einen geduldigen, leisen und achtsamen Gott, der nicht brüllt, der nicht demonstriert, der kein Machtgehabe von sich gibt und in einen Machtkampf zwischen entweder gut oder böse eintreten will. Wir haben einen Gott, der dem Menschen mit einer ganz großen Zärtlichkeit begegnet. Er wartet auf uns. Er wartet darauf, dass wir mit ihm, in diesem kleinen Kind von Bethlehem, Beziehung aufnehmen, damit er durch jeden einzelnen Menschen unsere Welt in heilsame Bahnen lenken kann.

 

Mit diesem Kind beginnt eine neue Zukunft der Welt. Mitten hinein in die Pandemie lautet die Botschaft: Mensch, denk daran, dein Gott möchte mit dir das Leben feiern. Er möchte, dass es dir gut geht. Unser Auftrag ist es, mit diesem Gott, also mit seiner Liebe, mit seiner übergroßen Bereitschaft zu verzeihen, mit seiner Sehnsucht nach uns Menschen, in Beziehung treten zu wollen.

 

Der Neuanfang mit der Menschheit wird durch das Ereignis dieser Geburt geschenkt. Dieser Neubeginn ist nicht selbst erarbeitet, nicht organisiert, nicht gemanagt, sondern von Gott geschenkt. Gott schenkt der Menschheit einen Neuanfang in der Geburt seines Sohnes. Das ist die Hoffnung der Menschheit, mitten hinein in die Dunkelheit der Pandemie.

 

Wenn wir hinschauen, wie die Menschheit sich verhält, dann hören wir Verzweiflung an deiner eigenen Gebrechlichkeit, an der eigenen Verletzlichkeit, die auch andere nicht verstehen. Wir sehen Menschen in ständiger Getriebenheit, in unermüdlicher Selbstoptimierung. Diese Selbstherrlichkeit in der Lebensgestaltung ist in vielen Menschen da. Darauf sagen die Bibel und die Festfeier heute: Das Dämonische, das Selbstherrliche ist zerbrochen. Unser Gott sagt: Du kannst dich nicht selber zum vollendeten Menschen machen. Es gibt ein gelingendes Menschsein durch die Gnade Gottes, mit der du, Mensch, in Beziehung treten darfst.

 

Aber warum sollen wir uns das abnehmen lassen? Wozu ist das NOT-wendig? Es ist notwendig, um die Dunkelheiten, die Verflochtenheit und Abhängigkeiten, aber auch die Verstrickungen in diese Dunkelheiten lösen zu können. Die Botschaft lautet: Mensch, lass dich herausführen aus der Dunkelheit deines Alltags, wende deinen Blick wieder dem Leben, der Liebe, der Versöhnung und dem Frieden zu. Es geht nicht um ein „Contact Tracing“ der Seele. Damit ist gemeint, es geht nicht darum nachzuschauen, wer mit welcher Verletzung begonnen hat, wer etwas ausgelöst oder wer beschuldigt hat. Es geht auch nicht darum herauszufinden, wer das Leben verhindert hat. Nein, so kommen wir nicht weiter. Die Zusage an die Menschheit heißt: Gott selber wird ein Mensch, mit dessen Lebensprogramm wir Menschen in Beziehung treten können. Er sichert uns zu, mit uns sein zu wollen.

 

Und eines versichere ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser: Wer Gott im Kind von Bethlehem lange in die Augen schaut, wer versucht, die Liebe, die von diesem Kind im Stall von Bethlehem ausgeht, in sich aufzunehmen und zum eigenen Programm machen möchte, der wird ein anderer Mensch, ein neuer Mensch werden.

 

Wir Christinnen und Christen verkünden zu Weihnachten einen radikalen Neuanfang, den Gott uns schenkt. Gott gelingt durch Neuschöpfung, dass die Menschheit in eine neue Generation der Hoffnung hineinwachsen darf.

 

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, dass Weihnachten für Sie selbst, aber auch für Ihre Familien, zu einem Fest der Lebensfreude und des Friedens werden kann, weil im Kind von Bethlehem der Streit und der Hass, die Wut und die Aggression entmachtet wurden.

 

Gesegnete Weihnachten!

Bischof Alois Schwarz

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