Diözesan­bischof Dr. Alois Schwarz

23.12.2020

Zurück zur Übersicht

Weihnachten ist das Fest der Zukunft


Aktuelles

kelly-sikkema-57_H5y498Yk-unsplash (Large)

Uns werden in diesem Jahr sehr viele Veränderungen zugemutet. Herausforderungen, die alle unsere Kräfte zur Gestaltung des Alltags benötigen.

Das Bedürfnis nach Nachrichten ist enorm gewachsen. Jeden Tag wird die Frage „Wer gibt uns Halt und Orientierung?“ gestellt. Täglich wird darüber diskutiert, worauf ich mich verlassen kann und wer mir ein gutes Leben sichert. Über Distanz, Abstand, Isolierung, Absonderung, Einsamkeit und Krankheit wird viel gesprochen. Die Frage, welche Informationen ich mir täglich hole, ist wichtig geworden.

 

Das Wort „Quarantäne“ ist zur Umgangssprache geworden. Mir persönlich fehlen die Begegnungen und das Feiern mit vielen Menschen in der Kirche. Mir fehlen die Fahrten in die Dörfer und Pfarren zu Menschen in den Regionen. In meinen Gebeten und bei der Feier der Hl. Messe, wenn auch im kleinen Kreis, habe ich immer auch an die Menschen gedacht, die sich einsetzen für andere und die es jetzt gerade besonders schwer haben. Manche haben sicher eine Ohnmacht erfahren, der sie sich nicht entziehen konnten.

 

Und gleichzeitig ist im vergangenen Jahr auch viel Gutes geschehen. Wenn wir das nicht sehen und davon reden, stellen wir auch das Gute in Quarantäne.

 

Ich habe 2020 auch eine Welt gesehen, in der Menschen zum Guten neigen. Vorsichtig sind. Einander helfen. Mitfühlend und freundlich sind. Großzügig Gutes tun. Güte und Freundlichkeit sind ansteckend, auch auf Distanz hin. Viele leben diese Gutherzigkeit, und wir erzählen gerne von der Gutherzigkeit der Menschen. Das motiviert dazu, zu helfen. Da haben wir viele Beispiele erlebt.

 

Wir haben erlebt, wie Menschen einander geholfen haben. Ich bewundere alle, die in der Pflege sind, und alle Ärztinnen und Ärzte, die um das Leben eines Menschen ringen. Ich danke denen, die in der täglichen Versorgung arbeiten, und denen, die für unsere Sicherheit sorgen. Wir haben viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in den Pfarren und Gemeinden. Mich berührt die große Solidarität in unserem Land. Die Frage „Wie geht es dir?“ war selten so ehrlich gemeint und mit der Bereitschaft des Zuhörens ausgesprochen wie derzeit.

440_0008_7996295_noe52weihnachtswuensche

In diese unsere Welt der Aufmerksamkeit hinein spricht die Weihnachtsbotschaft von mehr als Geduld. Weihnachten bedeutet nicht bloß ein lapidares „Haltet durch“. Die Hoffnung ist die Tochter der Geduld und lebt von Voraussetzungen, die sie nicht in sich selbst finden kann. Viele tragen auch eine ungeduldige Hoffnung in sich, dass die Welt anders geordnet werden könnte. Wir Menschen wollen nicht eine Schule der Geduld besuchen, bis wir die Festtage von Weihnachten sentimental überstanden haben. Wir sehnen uns nach Erleichterung und Entlastung. Das ist gut so. Denn die große Botschaft von Weihnachten ist mehr als Geduld, mehr als Durchhalten, mehr als Hoffen. Weihnachten ist Erlösung. Gott hat sein Versprechen gehalten.

 

Ein Kind verändert die Welt. Gott wird ein Kind in einer Welt voll Unfrieden und Leid, voller Spannung und Not, voller Traurigkeit und Angst. Gott lässt sich ein auf das Menschsein, auf das Leben eines Menschen. Er geht den Weg der Geschichte eines Menschen. Er macht sich ganz klein – in dem Kind in der Krippe. Jesus wird im offenen Stall geboren. Wenn die Stalltür zu gewesen wäre, dann hätten die Hirten nichts erzählen können. Sie könnten auch nicht niederknien von dem Kind.

 

Gott wird zum Kind im offenen Stall: angewiesen auf die Liebe seiner Eltern, auf die Hand seiner Mutter, auf die Umsicht seines Vaters. Sich als Gottes Sohn der Hilfe von Menschen auszuliefern macht die Größe unseres Gottes aus. Sein Kleinwerden, sein Niedrigwerden macht uns Menschen Mut, unser eigenes Angewiesensein und die Hilfe anderer anzunehmen.

 

Gott wird zum Kind, mit offenem Mund, offenen Augen, Ohren und Armen. Er nimmt die Welt wahr mit allen Sinnen. Kinder nehmen die Welt noch mit allen Sinnen wahr. Wer mit Kindern feiert, dem wird das wohl auch heute erlebbar sein: Staunen, Horchen, Schauen, Dankbarsein. Und wir Erwachsene dürfen das am Kind Gottes auch wieder lernen, die Welt mit allen Sinnen wahrzunehmen.

 

Durch den Namen Immanuel wird uns verheißen, dass Gott mit uns ist. In Jesus hat Gott sich erniedrigt, um die Menschen auf IHN hin aufzurichten. Möge dieses Weihnachtsfest ein Fest der Freude und Zuversicht werden, weil Gott mit uns sein will. Lassen wir uns auf das Ankommen Gottes in uns ein. Lassen wir IHN an uns wirken!

 

Weihnachten ist ein Fest, das eine erlöste und rettende Zukunft eröffnet. Zu Weihnachten geht es um Zukunftsgestaltung, um unterschiedliche Optionen für die Zukunft, um ein Gesicht, das für diese Zukunft einsteht, um die Gegenwart menschlicher werden zu lassen. Es geht um das Kind als den Retter der Welt. Weihnachten ist ein Zukunftsfest.

 

Ich wünsche Ihnen zum Weihnachtsfest ein Gefühl des Sich-Hingezogen-Fühlens zum Kind von Bethlehem. Auch wenn diese Beziehung für manche neu und unbekannt ist, wünsche ich Ihnen diese Erfahrung: Vertrauen Sie auf das Wort der Bibel, lesen Sie das Evangelium vom Retter, entdecken Sie das Kind von Betlehem im Guten, das Menschen tun – Ihnen und der Welt.

 

Ein gesegnetes Weihnachtsfest
Ihr Bischof Alois Schwarz

Weitere Beiträge

Ich bin. Mit dir.