Diözesan­bischof Dr. Alois Schwarz

31.03.2021

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Ostern begleitet Menschen zum Leben


Aktuelles

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50 Tage lang feiert die katholische Kirche die Osterzeit. Warum, werden Sie fragen? Weil wir uns daran erinnern sollen, ja mehr noch, weil wir verinnerlichen sollen, dass der Sinn unseres Daseins das Leben ist.

 

Ostern beschränkt sich daher nicht auf zwei Festtage, sondern Ostern ist ein Programm, das uns Menschen zum Leben begleiten möchte. Dieses Lebensprogramm habe ich für dieses Osterfest an folgenden Wörtern festgemacht:

 

Orientierung
Sieg
Trost
Erneuerung
Resilienz
Nachhaltigkeit

 

Orientierung soll uns dieses Osterfest schenken. Gerade in der heutigen Zeit, die aufgrund der Corona-Pandemie die Menschen gesundheitlich, existenziell aber auch wirtschaftlich und persönlich fordert, die aber auch einhergeht mit einer großen Unsicherheit und Angst, da hinein feiern die christlichen Kirchen das Osterfest. Im Wort Orientierung steckt das Wort Orient, das uns einlädt, uns nach Osten – also der aufgehenden Sonne zuzuwenden. Die Christen und Christinnen erkennen Christus als die aufgehende Sonne, das Licht, das uns daran erinnert, dass das Leben stärker ist als der Tod. Das Licht ist es, das uns Hoffnung und Lebensfreude schenken möchte und vor allem das Vertrauen, dass jede Not, jeder Schmerz, jede Trauer einmal ein Ende nehmen wird.

 

Siege werden gefeiert. Ich denke beispielsweise an den Sport. Wie viel Ringen, wie viel Schmerz, wie viel Disziplin und Durchhaltevermögen braucht es doch, dass Sportler und Sportlerinnen einen Sieg erlangen. In Bezug auf Ostern gibt es einen sensationellen Sieg, den die Menschen feiern dürfen: Es ist der Sieg des Lebens über den Tod. Glücklich ist, wer glauben kann, dass nach dem Tod das Leben auf uns Menschen wartet. Wer es schafft in all seiner Not und Bedrängnis, die das Leben einfordert, Christus, das Licht, nicht aus den Augen zu verlieren, dem wird zwar die Mühsal des Lebens nicht abgenommen, die innere Einstellung und die Hoffnung darauf, dass sich alles zum Guten wenden wird, werden ihm aber dabei Begleiter sein.

 

Trost ist dann die Folge daraus. Wenn wir uns alleine fühlen, wenn Krankheiten und Leiden uns enorme Lebenskräfte abringen, dann ist manchmal die Hoffnung auf eine Erneuerung des Lebens das Einzige, das uns trägt. Sie kennen das vielleicht, wenn Sie eine Krankheit ins Bett zwingt, dass Sie in sich das Vertrauen, die Hoffnung verspüren, dass die Schmerzen und das Leid bald ein Ende nehmen werden. Hoffnung und Vertrauen schenken Trost, den wir Menschen in den schweren Situationen unseres Lebens brauchen.

 

Erneuerung und Ostern gehören zusammen. Denken wir nur an die Natur. Wie sehr ersehnen wir die Erneuerung der Pflanzen im Frühling. Wie sehr freuen wir uns, wenn wir beobachten, dass das trübe Braun der Landschaft sich in ein sprießendes Grün verändert und erneuert. Jedes Osterfest erinnert die Menschen daran, dass unsere Gedanken, unser Fühlen und unser Dasein ein Ziel und einen Sinn haben, nämlich das Leben. Leben bedeutet aber auch Veränderung und nicht immer können wir Menschen das erfreut annehmen. Dan Millmann schreibt dazu: „Das Geheimnis der Veränderung ist, alle Energie nicht auf die Bekämpfung des Alten zu legen, sondern auf den Aufbau des Neuen.“ Im Kreislauf des Lebens, in den Höhen und Tiefen, braucht es den Willen, wieder neu beginnen zu wollen.

 

Resilienz ist zur bedeutenden Lebenshaltung unserer Zeit geworden. Gemeint ist damit, dass der Mensch am Widerstand nicht zerbricht, sondern sich widerstandsfähig zeigt. Manche Menschen verstehen das so, sich gegen alles und jedes aufzulehnen. Das meint Resilienz nicht. Es geht vielmehr darum, Situationen anzunehmen und an unbequemen, unerfreulichen Lebenssituationen nicht zu zerbrechen, sondern den Umständen entsprechend zu reagieren. Vorgaben, Gesetze und Veränderungen nicht zu boykottieren, sondern sich auf neue Wege einzulassen. Diese Haltung setzt voraus, dass man sich und seine Bedürfnisse kennt, um für sich selbst und andere Menschen gut sorgen zu können. Ostern erinnert daran, ins Leben hineinzuwachsen.

 

Nachhaltigkeit kann daraus entstehen, wenn aus den Erfahrungen des Schmerzes und des Leidens eine Verhaltensänderung herbeigeführt werden konnte. Die Erfahrungen von durchlebtem Leid aber auch von geglückten Zeiten möchten wir weitergeben an unsere Kinder und Enkelkinder. Die Kunst, die das Leben dem Menschen abringt, ist es, nicht im Tod, in der Trauer, im Leid hängen zu bleiben, sondern die Schwelle des Todes zu überschreiten und auf der Seite des Lebens seinen Weg zu suchen. Ostern erinnert uns daran, die Hoffnung und das Vertrauen in das Leben zu feiern.

 

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes Osterfest und eine lebensfrohe Osterzeit.

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